Arkadi Zenzipér im Interview
Im letzten Jahr feierten die Schubertiaden 25. Jubiläum. Kurz vor Beginn der 26. Schubertiaden Schnackenburg denken wir an das Interview mit Arkadi Zenzipér in unserer Festschrift zurück.
Der künstlerische Leiter und Pianist Prof. Arkadi Zenzipér gründete in den 90er Jahren in Schnackenburg ein Kleinod der Musik und Geselligkeit. Im Interview spricht er von seinen Gedanken, Erinnerungen, Idealen und Ideen zum 25. Jubiläum.
In diesem Jahr feiern die Schubertiaden Schnackenburg 25. Jubiläum. Wie hat alles angefangen?
Alles begann mit einem Konzert im Schloss Gartow 1989, bei dem ich die Familie von Bernstorff kennen und schätzen gelernt habe. Ich war fasziniert von der schönen unberührten Natur, die mich sehr stark in meine Kindheitserinnerungen zurückversetzte. Die Sommermonate, die ich mit meinem Großvater im russisch-finnischen Grenzgebiet mit unzähligen Inseln verbrachte, prägten mich, mein Verständnis für die Natur, Musik, Religion und Harmonie. Im Amtshof in Schnackenburg habe ich so einen Ort wiedergefunden. Als Erstes brachten wir dorthin meinen ‚Förster-Flügel‘, den ich von dem Preisgeld in Florenz erworben hatte. Mein erster eigener Flügel mit beschwerten Tasten.
Und wie kam es zu dem unkonventionellen Konzept?
Ich habe Klavier bei geöffneten Fenstern gespielt und auf einmal merkte ich, dass viele Leute im Hof standen und der Musik lauschten. Nach einigen Tagen blieben die Zuhörer mir immer noch treu und ein Mann klopfte an die Tür und schlug vor, dass wir den Flügel in die Kirche transportieren sollten. Das war der damalige Stadtdirektor, Herr Ortmanns.
Ich wollte freies Musizieren für mich und meine Kammermusikpartner ermöglichen, dass bedeutete für mich die Verwirklichung meines Ideals: Ohne vertragliche Zwänge in der Programmfestlegung, Musik zu machen, zu teilen und unabhängig vom Kommerz und gierigen Konzertagenten zu gestalten. Zwei Wochen lang gemeinsam musizieren und in dieser herrlichen Natur neue Kräfte tanken, wurde von meinen Freunden und Partnern begeisternd aufgenommen. Dafür verzichten sie auf ihr Honorar.
War das die Revolte gegen den gängigen Festivalbetrieb?
Nicht Revolte, sondern Liebe zur Musik und nicht nur von mir allein , sondern von vielen gleichgesinnten Menschen – Musikern und Nicht-Musikern, die das Festival zu Leben erweckt haben.
Neben all der Bewunderung und Unterstützung mussten sich die Schubertiaden auch oft für ihr Konzept verteidigen. Hatten Sie Zweifel, ob das Festival in dieser Form überlebensfähig ist?
Ich hatte Zweifel. In dieser Zeit habe ich ein Buch über Franz Schubert und seine Musizierstunden in Wien für und mit seinen Freunden – Musikern und Nicht-Musikern- gelesen. Das war wegbereitend, denn ich gewann Vertrauen und Zuversicht, dass es hier möglich ist, Schubertiaden zu initiieren. Mit der Gründung des Fördervereins konnten wir diese Idee überlebensfähig machen.
Betrachten wir die Vielzahl von unterschiedlichen Veranstaltungen wie Gesprächskonzerte, Orchesterkonzerte, musikalische Lesungen, Komponistenporträts, Jazzkonzerte, Soloabende, Orgelkonzerte bis zu musikalischen Gottesdiensten in Schnackenburg, Hamburg, Sankt Petersburg, Haifa: – haben Sie einen unvergessenen Lieblingsmoment bei den Schubertiaden?
Für mich war ein besonderer Moment in meinem künstlerischen und privaten Leben die Geburt unserer Zwillinge Laura und Leo, die während der Schubertiadenkonzerte 1994 geboren wurden.
Jedes Jahr können Sie immer wieder Musiker für die Schubertiaden begeistern. Warum kommen sie Jahr für Jahr wieder?
Zum Festival lade ich Musiker ein, die ich auf verschiedenen Konzertbühnen der Welt getroffen habe und mit denen ich mich in musikalischer und menschlicher Hinsicht bestens verstehe. Es kommen Gleichgesinnte und Freunde. Und sie kommen immer wieder, weil die Schubertiaden sie faszinieren.
Hätten Sie gedacht, dass die Schubertiaden solch‘ eine Unterstützung von Mitgliedern, Helfern und Sponsoren erfahren würden?
Nein, ich war überrascht. Bereits in den Anfangsjahren haben Ortsansässige und Mitglieder, Musiker samt ihrer Familien während der Festivalzeit aufgenommen und ihnen nicht nur einen Schlafplatz angeboten, sondern sie mit allem versorgt, was sie brauchten. Dass wir dazu im Landkreis und darüber hinaus von Privatpersonen, Unternehmen, öffentlichen Körperschaften und Stiftungen finanziell unterstützt werden, garantiert unser weiteres Bestehen mit diesem Konzept. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Unterstützern bedanken, vor allem bei dem Förderverein.
Welche Visionen der Schubertiaden haben Sie noch im Sinn? Und was erwartet uns in den nächsten Jahren der Schubertiaden?
Ich wünsche mir, dass die Schubert‘sche Tradition nicht verschwindet und wir die Begeisterung bei Jung und Alt immer wieder hervorrufen.
Das Interview führte Laura Zenzipér, Geschäftsführerin der Schubertiaden Schnackenburg seit 2014.